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1. VORWORT:

Diese kleine Nachschlagelektüre soll Sie in der täglichen Arbeit unterstützen.

Die meisten Grundbegriffe sowie Erläuterungen sind Ihnen vermutlich aus der Praxis schon bekannt. Um Gutachten besser zu verstehen, empfehle ich Ihnen, diese Nachschlagelektüre einmal durchzulesen.

Es werden die rechtlichen Grundlagen erläutert, auf deren Basis ein Haftpflichtgutachten erstellt wird. Weiterhin werden sämtliche in einem Gutachten aufgeführten Begriffe wie z.B. Wiederbeschaffungswert, Restwert, Wertminderung, Abzüge für Wertverbesserung, Vorschaden, Altschaden usw. erläutert.

 

2. RECHTLICHE GRUNDLAGEN BEIM KFZ-HAFTPFLICHTSCHADEN

Die rechtlichen Grundlagen bilden das Pflichtversicherungsgesetz (PfLVG), das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), das Straßenverkehrsgesetz (StVG) sowie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB).

 

2.1 Pflichtversicherungsgesetz (PfLVG)

Der § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes besagt, dass jeder Fahrzeughalter (mit regelmäßigem Wohnsitz in Deutschland) eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers verpflichtet ist, für sich und den berechtigten Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeuges verursachten Personen-, Sach- und Vermögensschäden abzuschließen. Halter ist, wer das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung gebraucht und die tatsächliche Verfügungsgewalt hat.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung schützt einerseits den Fahrzeughalter und Fahrer vor Schadensersatzansprüchen aufgrund eines Verkehrsunfalls und andererseits das Unfallopfer, wodurch sichergestellt ist, dass diesem für den entstandenen Schadenersatz geleistet wird.

Der Umfang der Kfz-Haftpflichtversicherung ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag und dem Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB).

 

2.2 Der § 249 BGB lautet wie folgt:

 1) Wer zum Schadenersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtete Umstand nicht eingetreten wäre.

 2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

 

Die Höhe des Schadens wird durch Vergleich des Vermögens vor und nach dem schädigenden Ereignis ermittelt.

Der Schadenersatz dient der Wiederherstellung der früheren Güterlage. Dem Geschädigten

dürfen grundsätzlich keine Nachteile, aber auch keine Vorteile entstehen.

Der Geschädigte hat die Pflicht, die Schadenersatzansprüche gegenüber dem Schadenverursacher bzw. dessen Versicherung der Höhe nach nachzuweisen. Weiterhin hat er Beweismittel zu sichern. Ihm obliegt somit die Beweispflicht.

Hierauf beruht die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung eines Kfz-Beweissicherungshaftpflichtgutachtens.

 

2.3 Schadensminderungspflicht:

Der Geschädigte (Anspruchsteller) ist verpflichtet, nach seinen Möglichkeiten den Schaden abzuwenden oder gering zu halten.

 

3. BEGRIFFE UND DEFINITIONEN

 

3.1 DEFINITION EINES GUTACHTENS:

Ein von einem Sachverständigen erstelltes Gutachten soll einem Laien, also einem Nichtfachmann, einen Sachverhalt bzw. eine Sache verständlich machen.

Es ist somit die Aufgabe des Sachverständigen, sein fachbezogenes Wissen einem Laien (z. B. Richter, Anwalt, Sachbearbeiter usw.) zu übermitteln, um diesem eine eigene Urteilsbildung zu ermöglichen.

Ein Gutachten muss immer nachprüfbar und nachvollziehbar sein.

Das Gutachten soll so formuliert sein, dass auch ein Nichtfachmann den Sachverhalt verstehen und nachvollziehen kann.

Die Erstellung eines Gutachtens muss immer neutral und unabhängig erfolgen.

Ein Gutachten dient auch der Beweissicherung.

Im Kfz-Haftpflichtfall oder auch im Kfz-Kaskoschadenfall dient das Gutachten als Regulierungsgrundlage.

 

3.2 WIEDERBESCHAFFUNGSWERT (WBW ODER AUCH WB):

Unter dem Wiederbeschaffungswert versteht man den Betrag, den der Geschädigte aufwenden muss, um bei einem seriösen Fahrzeughändler ein gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug gleicher Güte zu erwerben.

Der Wiederbeschaffungswert berücksichtigt das Fahrzeugalter, die Laufleistung, die Anzahl der Vorbesitzer, den festgestellten Fahrzeugzustand, evtl. festgestellte Alt- oder Vorschäden, vorhandene Sonderausstattungen und Zubehör. Die Fälligkeiten von Haupt- und Abgasuntersuchungen sowie im Wesentlichen alle übrigen, den Wert des Fahrzeuges beeinflussenden Faktoren einschließlich der regionalen und saisonalen Marktlage sind in die Wertermittlung eingeflossen.

 

Hinweise zum Wiederbeschaffungswert und zur Steuerangabe

Wenn für die Wiederbeschaffungswertermittlung herangezogene Vergleichsfahrzeuge dieses Typs und Alters typischerweise regelbesteuert angeboten werden, enthält der Wiederbeschaffungswert die dann auszuweisende Mehrwertsteuer.

Im Falle der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG erfolgt bei im Handel angebotenen Vergleichsfahrzeugen kein Ausweis der im Bruttokaufpreis enthaltenen Mehrwertsteuer. Diese kann daher nur geschätzt werden. Ausgangspunkt dieser Schätzung ist, dass die zu versteuernde Gewinnspanne zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis im Durchschnitt ca. 24 % des Händlerverkaufspreises ausmacht.

Schulung Nachschlagewerk: Grundlagen-Begriffe Datum: 06.02.2009 Kfz-Sachverständiger: Michael Ernst Seite: 6 von 16

Bei Fahrzeugen, die aufgrund des Fahrzeugalters oder aufgrund des Fahrzeugzustandes in der Regel im seriösen Kfz-Handel nicht mehr zu erwerben sind, sondern weit überwiegend auf dem so genannten Privatmarkt angeboten werden, fällt in der Regel keine Mehrwertsteuer an.

 

3.3 RESTWERT (RW):

Unter dem Restwert versteht man den Betrag, den der Geschädigte durchschnittlich für sein beschädigtes Fahrzeug im unreparierten Zustand auf dem ihm zugänglichen allgemeinen regionalen Markt erzielt.

Hierbei ist die Ermittlung des Veräußerungswertes (Restwert) unter Berücksichtigung der Grundzüge der Entscheidung des BGHs vom 04.06.1993, AZ VI ZR 181/92, durchzuführen.

 

3.4 WERTMINDERUNG:

Man unterscheidet zwischen der merkantilen Wertminderung und einer technischen Wertminderung.

Vorab möchten wir den Begriff der „merkantilen Wertminderung“ erläutern.

Unter einer merkantilen Wertminderung versteht man den voraussichtlichen Mindererlös bei einer Veräußerung des fach- und sachgerecht instand gesetzten Fahrzeuges unter Offenbarung des reparierten Unfallschadens. Er basiert auf der Sorge des potentiellen Käufers vor verborgenen Mängeln, die sich erst in der Folgezeit bemerkbar machen könnten.

 

Zur Verständlichkeit ein einfaches Beispiel:

Sie möchten ein gebrauchtes Fahrzeug kaufen. Der Fahrzeughändler bietet Ihnen zwei gleichwertige Fahrzeuge in der gleichen Güte (Ausstattung, Alter, Laufleistung usw.) an.

Bei dem einen Fahrzeug wird Ihnen mitgeteilt, dass dieses Fahrzeug bereits einen Unfallschaden hatte. Obwohl dieser Unfallschaden fach- und sachgerecht instand gesetzt wurde, wird sich in der Regel der Kaufinteressent für das Fahrzeug entscheiden, das unfallfrei war.

Für das Fahrzeug mit dem fach- und sachgerecht instand gesetzten Unfallschaden wird man sich nur entscheiden, wenn dieses Fahrzeug wesentlich kostengünstiger angeboten wird.

 

Insbesondere kommt die merkantile Wertminderung noch verstärkt zum Tragen, da bei einer Veräußerung eines Fahrzeuges ein Unfallschaden (instand gesetzter Unfall) immer anzugeben ist. Sollte man dem nicht nachkommen, so liegt eine arglistige Täuschung vor.

 

Unter Berücksichtigung dieser Fakten ist bei Eintritt eines Unfallschadens häufig eine Minderung des Fahrzeugwertes trotz fachgerechter Instandsetzung gegeben.

 

Mittlerweile ist auch die Rechtsprechung von der veralteten Regelung, wonach es nur eine merkantile Wertminderung bei Fahrzeugen gibt, die noch nicht älter als 5 Jahre und nicht mehr als 100 000 km gelaufen sind, abgekommen.

Auch bei Fahrzeugen, die älter als 5 Jahre oder auch mehr als 100 000 km gelaufen sind, ist die oben dargestellte Vergleichsgegenüberstellung eines unfallfreien Fahrzeuges mit einem gleichwertigen Fahrzeug mit Unfallereignis vorzunehmen.

Die merkantile Wertminderung fällt mit zunehmenden Alter oder steigender Laufleistung geringer aus. Dies ist darin begründet, dass bei einem relativ neuen Fahrzeug die Wahrscheinlichkeit eines Unfallwagens deutlich geringer ist als bei einem Fahrzeug, das bereits älter ist bzw. eine hohe Laufleistung aufweist. Beim Kauf eines älteren Fahrzeuges bzw. eines Fahrzeuges mit einer höheren Laufleistung nimmt man einen Unfallwagen eher in Kauf als bei einem relativ jungen Fahrzeug.

 

Weiterhin ist die Marktgängigkeit eines Fahrzeuges stark ausschlaggebend für die Höhe der merkantilen Wertminderung. Ein Fahrzeug, das sehr gefragt ist, lässt sich immer noch relativ gut verkaufen, wobei ein nur schwer verkäufliches Fahrzeug mit zusätzlichem Unfallschaden womöglich fast gar nicht mehr zu verkaufen ist.

Somit muss der merkantile Minderwert für das schlecht verkaufbare Fahrzeug höher liegen

als bei einem gut verkaufbaren Fahrzeug.

Weiterhin ist eine Beeinflussung der Wertminderung auch durch bereits vorhandene Vor- und Altschäden am Fahrzeug zu berücksichtigen.

Hat das Fahrzeug bereits vor dem eigentlichen Unfallgeschehen diverse Vor- und Altschäden, so ist zu prüfen, ob überhaupt eine weitere Minderung eingetreten ist. Bei einer erneuten Beschädigung ein und desselben Teils kann es vorkommen, dass keine merkantile

Wertminderung mehr gegeben ist.

 

Beispiel

Das Fahrzeug hatte bereits vor einem Jahr einen seitlichen Unfallschaden. Hierbei wurde die linke Fahrertür erneuerungsbedürftig eingedrückt. Der Fahrzeughalter hat diesen Schaden durch eine Erneuerung der Tür beseitigen lassen. Nun ist ein erneutes Schadenereignis eingetreten. Erneut wurde die Tür vorne links beschädigt. Da dieses Fahrzeug bereits in diesem Bereich einen offenbarungspflichtigen Vorschaden (instand gesetzter Schaden) hatte, wird, auf das gesamte Fahrzeug bezogen, keine erneute merkantile Wertminderung des Fahrzeuges eintreten. Somit ist in diesem Fall keine weitere merkantile Wertminderung mehr gegeben.

Wäre in diesem Beispiel bei dem neuen Schaden weiterhin der Kotflügel zusätzlich beschädigt worden, so wäre doch noch eine weitere Minderung des Fahrzeugwertes gegeben. Somit wäre dies mit einer geminderten (Vorschaden berücksichtigt) merkantilen Wertminderung auszugleichen.

Die Wertminderung ist steuerneutral (ohne Angabe von Mehrwertsteuer), denn es fehlt ihr am umsatzsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt des Leistungsaustausches.

 

Technische Wertminderung

Eine technische Wertminderung ist gegeben, wenn nach ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeuges noch objektiv wahrnehmbare Mängel vorhanden sind.

In der Regel kommt eine technische Wertminderung nur selten zum Tragen, da beim offensichtlichen Erkennen von äußerlichen Restunfallspuren dies durch eine mangelhaft aufgeführte Instandsetzungsarbeit der ausführenden Reparaturwerkstatt verursacht wurde. Dieser Mangel wird dann in der Regel nach Reklamation durch den Fahrzeughalter durch den Reparaturbetrieb in Form einer entsprechenden Nacharbeit beseitigt.

Anzumerken hierbei ist aber, dass ein geschultes Auge Instandsetzungsspuren auch bei fachgerechter Reparatur in der Regel erkennen kann.

Dies ist darin begründet, dass eine Unfallinstandsetzung in der Regel ein Handwerk ist und keine maschinelle, werksseitige Fertigung.

Eine technische Wertminderung wird in einem Gutachten nur selten aufgeführt. In der Regel wird in einem Unfallgutachten immer von einer merkantilen Wertminderung gesprochen.

Der häufigste Fall einer technischen Wertminderung ist der, dass eine fachgerechte Reparatur wegen äußerer Umstände nicht möglich ist. Wenn zum Beispiel für ein Sonderfahrzeug Ersatzteile nicht oder nicht zeitnah beschaffbar sind, kann im Einzelfall der für den Geschädigten wie für die Versicherung sinnvolle Weg darin bestehen, zu improvisieren und den Nachteil mit einer technischen Wertminderung auszugleichen.

 

3.5 ABZÜGE FÜR WERTVERBESSERUNG:

Gemäß dem Grundsatz des § 249 BGB ist die wirtschaftliche Gesamtlage des Geschädigten vor dem Schadenereignis wieder herzustellen. Es soll weder ein Nachteil noch ein Vorteil (Bereicherung) des Anspruchstellers eintreten.

Ein Abzug für Wertverbesserung ist im Haftpflichtfall auf das gesamte Fahrzeug und nicht auf das entsprechende Fahrzeuganbauteil zu beziehen. Es ist zu prüfen, inwieweit durch die erfolgte Instandsetzung des Fahrzeuges womöglich eine Wertsteigerung (Bereicherung des Anspruchstellers) des Gesamtfahrzeuges eingetreten ist.

Da eine Bereicherung des Anspruchstellers gemäß § 249 BGB nicht statthaft ist, muss diese Werterhöhung durch einen entsprechenden Minderwert wieder in Abzug gebracht werden.

Abzüge, bezogen auf einzelne Fahrzeugteile, dürfen nur vorgenommen werden, wenn diese Teile oder Bereiche bereits eine konkrete Vorbeschädigung (Altschaden) aufweisen oder aufgrund erheblicher Verschleißschäden demnächst hätten erneuert werden müssen.

Beispiele wie folgt:

Reifen abgefahren, Auspuffanlage durchgerostet, Schadensbereich bereits vorbeschädigt (verdellt, angerostet usw.).

Die Höhe des Abzuges wird durch den Sachverständigen bei Berücksichtigung z. B. der Abnutzung oder der vorhandenen Altbeschädigung in Prozent bestimmt. Dabei dürfen nur wirtschaftlich spürbare Vorteile berücksichtigt werden. Wenn der Geschädigte ein unfallbedingt erneuertes Teil verschleißbedingt in Kürze ohnehin hätte erneuern müssen, ist die dadurch gegebene Ersparnis wirtschaftlich real.

Wenn hingegen eine neue Kofferraumklappe in ein altes Auto eingebaut wird, wirkt sich der dadurch gegebene Vorteil nicht real aus. Ein solcher nur theoretischer Vorteil wird nicht berücksichtigt.

 

3.6 REPARATURDAUER (ARBEITSTAGE):

Die Angabe der voraussichtlichen Reparaturdauer ist in einem Haftpflichtgutachten wichtig für die Ermittlung der Nutzungsausfallentschädigung, der Vorhaltekosten bzw. der Länge der Mietdauer für ein Ersatzfahrzeug.

Die voraussichtliche Reparaturdauer berücksichtigt den Zeitaufwand, der für die fach- und sachgerechte Beseitigung des Unfallgeschehens erforderlich ist. Es wird bei der Beurteilung der Instandsetzungsdauer davon ausgegangen, dass die Reparatur zügig und ohne größere Unterbrechungen durchgeführt wird.

Sie beinhaltet keine Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung, keine Stand- und Wartezeiten sowie keine Arbeit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. Sie beinhaltet auch nicht die Wartezeit auf das Gutachten und eine eventuelle Überlegungszeit bis zur Reparaturentscheidung.

Gelegentlich kommt es zu Lieferschwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung, wodurch es dann zu entsprechenden Verzögerungen und somit zu einer Verlängerung der Reparaturdauer kommt.

 

3.7 WIEDERBESCHAFFUNGSDAUER (KALENDERTAGE):

Die voraussichtliche Wiederbeschaffungsdauer (meist in Kalendertagen angegeben) gibt die Zeit an, die in der Regel ausreicht, ein vergleichbares Fahrzeug für das alte, unfallbeschädigte (Totalschaden, Abrechnung auf Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens = Fahrzeug noch reparaturwürdig, Anspruchsteller lässt aber nicht mehr reparieren, sondern kauft ein Ersatzfahrzeug) Fahrzeug zu beschaffen.

Bei gängigen Gebrauchtfahrzeugen ist in der Regel eine Wiederbeschaffungszeit von ca. 10-15 Kalendertagen ausreichend.

 

3.8 UMBAUKOSTEN:

Gelegentlich kommt es vor, dass außergewöhnliche Fahrzeuganbauteile (Radio, Funkanlage, mobiles Navigationssystem, Regaleinbauten in Werkstattwagen, Taxiausrüstung, Behinderteneinrichtung usw.) nicht im Wiederbeschaffungswert sowie im Restwert berücksichtigt wurden, da diese aus dem unfallbeschädigten Fahrzeug in das neue Ersatzfahrzeug umgebaut werden sollen. Die hierfür anfallenden Kosten sind separat als so genannte Umbaukosten anzugeben. Im Gutachten ist aufzuführen, welche Teile diesbezüglich im WB und RW nicht berücksichtigt wurden. Wird dies nicht klar definiert, so kommt es bei der Veräußerung des unfallbeschädigten Fahrzeuges an den Restwertaufkäufer zu Streitereien.

Beispiel:

Der Restwertaufkäufer hat sein Angebot auf ein Fahrzeug mit einem Navigationssystem berechnet und abgegeben. Nun hat aber der Fahrzeughalter dieses Navigationssystem in sein neues Ersatzfahrzeug umbauen lassen. Der Restwertaufkäufer hat somit nicht mehr den Gegenwert, den er für sein Angebot abgegeben hat. Das Restwertgebot kann somit nicht mehr aufrechterhalten werden. Dieses Problem kommt leider in der Praxis relativ häufig vor. Vor Veräußerung baut der Fahrzeughalter sämtliche noch einzeln verwertbaren Anbauteile (Alufelgen werden gegen Stahlfelgen getauscht usw.) aus.

 

3.9 NUTZUNGSAUSFALL:

Sofern der Anspruchsteller auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet, steht ihm in der Regel für die Reparaturdauer bzw. Wiederbeschaffungsdauer (Totalschadenabrechnung) eine Entschädigung für die entgangene Nutzung seines unfallbeschädigten Fahrzeuges zu. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung pro Tag kann der Tabelle (Sanden-Danner- Küppersbusch, SuperSchwacke) entnommen werden. Die aufgeführten Tagessätze sind mit der Ausfalldauer zu multiplizieren. Um den Anspruch auf die Nutzungsausfallentschädigung durchzusetzen, ist es ratsam, den Nutzungswillen durch die Instandsetzung des unfallbeschädigten Fahrzeuges oder aber durch die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu dokumentieren. In der Regel wird der Nachweis durch eine Reparaturrechnung bzw. durch eine Reparaturbestätigung (bei Instandsetzung) oder durch eine Kopie des Fahrzeugscheines des Ersatzfahrzeuges erbracht. Wird ein Ersatzfahrzeug vor Ablauf der Wiederbeschaffungsdauer zugelassen, so braucht die leistungserbringende Versicherung auch nur bis zu diesem Tag den Nutzungsausfall zu zahlen. Der Nutzungsausfall ist steuerneutral.

Hinweis

Gemäß der überwiegenden Rechtsprechung werden ältere Fahrzeuge (älter als 5 Jahre) eine Gruppe niedriger eingestuft. Bei Fahrzeugen, die über 10 Jahre alt sind, ist eine Herabstufung um 2 Gruppen gegeben. In seltenen Fällen wird keine Nutzungsausfallentschädigung mehr erstattet.

Dann wird auf die Vorhaltekosten (liegen erheblich niedriger als der Nutzungsausfall) zurückgegriffen. Voraussetzung dafür ist  aber, dass der Nutzwert des Fahrzeugs schon massivbeeinträchtigt war, was alleine durch Alterung kaum der Fall sein wird.

 

3.10 VORHALTEKOSTEN:

Wenn in Ausnahmefällen nur Vorhaltekosten geschuldet sind, sind sie für einen PKW meist in der Eurotax Schwackeliste aufgeführt und dokumentiert. Bei Nutzfahrzeugen werden die Vorhaltekosten errechnet.

Die Vorhaltekosten sind die durch die Existenz des Fahrzeugs täglich entstehenden Kosten (Abschreibung, Verzinsung, Steuern, Versicherung).

 

3.11 MIETWAGEN/ERSATZFAHRZEUG:

Bei einem Haftpflichtschaden steht dem Geschädigten für die Dauer der Reparaturzeit oder im Falle eines Totalschadens für die Wiederbeschaffungsdauer jeweils zuzüglich eventueller Vorlaufzeiten, ein Ersatzfahrzeug zu (sofern kein Nutzungsausfall geltend gemacht wird).

Voraussetzung ist aber, dass das gemietete Ersatzfahrzeug über den Rahmen hinaus so genutzt wird, als würde man gelegentlich mit dem Taxi fahren (Schadenminderungspflicht).

Faustregel: mindestens 25 km pro Tag, in ländlicher Gegend mit Unterversorgung durch öffentliche Verkehrsmittel auch weniger.

Da durch die Nutzung eines Mietwagens der eigene Wagen keinem Verschleiß unterliegt, wird in der Regel ein entsprechender Eigenersparnisabzug vorgenommen. Diesem Abzug kann man in vielen Gerichtsbezirken (die Rechtsprechung ist aber  uneinheitlich) entgehen, indem man ein Mietfahrzeug anmietet, das eine Klasse niedriger als das eigene Fahrzeug eingestuft ist.

In vielen Gerichtsbezirken gilt zudem: Wenn das Mietfahrzeug nur für eine kurze Gesamtstrecke genutzt wird (Faustregel: unter 1.000 km), ist die Eigenersparnis am eigenen Fahrzeug nur theoretischer Natur und nicht messbar. Ein Eigenersparnisausgleich entfällt auch dann.

 

3.12 NOTREPARATUR:

Oftmals ist durch die Durchführung einer Notreparatur (Schadenminderungspflicht) die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines unfallbeschädigten Fahrzeuges wieder herzustellen.

Damit können Ausfall und Mietwagenkosten gemindert werden. Die Kosten für die Durchführung einer Notreparatur werden durch die leistungserbringende Versicherung erstattet.

Beispiel aus der Praxis

Durch einen leichten Anfahrschaden wurde ein Kotflügel leicht eingedrückt, die Stoßstange angeschrammt und ein Scheinwerfer beschädigt. Durch die Beschädigung des Scheinwerfers ist eine Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht mehr gegeben.

Durch eine Erneuerung des Scheinwerfers in Form einer Notreparatur kann die Verkehrs- und Betriebssicherheit wieder erlangt werden und vorab auf die kostenintensive Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet werden.

Diese Vorgehensweise macht immer dann Sinn, wenn die Kosten für die Durchführung der Notreparatur niedriger liegen als die möglichen Kosten für das Unfallersatzfahrzeug.

 

3.13 TOTALSCHADEN:

Man unterscheidet zwischen dem wirtschaftlichen Totalschaden, dem technischen Totalschaden sowie dem fiktiven unechten Totalschaden.

Wirtschaftlicher Totalschaden

Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten, ggf. zuzüglich Wertminderung, den Wiederbeschaffungswert (Wert des Fahrzeuges vor dem Schadenereignis) übersteigen. Aus technischer Sicht wäre eine Instandsetzung des Fahrzeuges möglich, aber unwirtschaftlich.

Technischer Totalschaden

Ein technischer Totalschaden liegt vor, wenn das Fahrzeug aufgrund der erheblichen Beschädigung aus fachlicher Sicht nicht mehr instand gesetzt werden kann. Das ist aber keine wirtschaftliche, sondern eine rein technische Frage.

Fiktiver unechter Totalschaden

Ein fiktiver unechter Totalschaden liegt dann vor, wenn der Anspruchsteller trotz vorliegender Reparaturwürdigkeit (Reparaturkosten liegen unterhalb des Wiederbeschaffungswertes) sein Fahrzeug nicht mehr reparieren lassen möchte und auf Basis eines Totalschadens (Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes) abrechnet.

Diese Art der Abrechnung funktioniert nur, wenn die Summe aus Reparaturkosten und ggf. Minderwert („Wiederherstellungsaufwand“) höher ist als die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes („Wiederbeschaffungsaufwand“). Man spricht von einem deckenden Restwert.

Die leistungserbringende Versicherung darf sich hierbei die kostengünstigste Variante aussuchen.

 

3.14 OPFERGRENZENREGELUNG: REPARATUR IM RAHMEN DER 130%-GRENZE:

Bei einem Haftpflichtschaden besteht die Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Totalschaden instand setzen zu lassen, wenn folgende Parameter eingehalten werden.

1. Die prognostizierten Reparaturkosten zzgl. einer eventuellen merkantilen Wertminderung dürfen nicht höher als 130% des Wiederbeschaffungswertes liegen.

2. Das Fahrzeug muss repariert werden und die Reparatur muss den Vorgaben des Schadengutachtens entsprechen (fachliche und vollständige Reparatur).

3. Der Geschädigte muss das Fahrzeug weiter nutzen (in der Regel mindestens 6 Monate gemäß BGH Rechtssprechung) und somit sein Integritätsinteresse zum Ausdruck bringen.

 

Anmerkung:

Mit Beschluss vom 18.11.2008 – VI ZB 22/08 hat der BGH eindeutig festgelegt, dass in den Fällen der Reparatur im Rahmen der 130 % die Reparaturkosten inklusive der Integritätsspitze sofort fällig sind. Teilweise wurde von verschiedenen Versicherungen erst auf Totalschaden (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) abgerechnet mit dem Hinweis, dass nach den 6 Monaten eine Restregulierung auf Basis der 130% erfolgt.

 

3.15 BAGATELLSCHADEN:

Bei verursachten Haftpflichtschäden bis zu einer Schadenhöhe von ca. 750,-€ spricht man von einem Bagatellschaden. Bei einem Bagatellschaden werden die Kosten für die Erstellung eines Gutachtens seitens der leistungserbringenden Versicherung nicht erstattet.

Das Problem für den Geschädigten liegt darin, dass er als Laie vorab nicht beurteilen kann, wie hoch der Schaden tatsächlich ist. Oft reicht schon eine kleine Delle mit einer Lackbeschädigung aus, um weit über der Bagatellschadengrenze zu liegen.

Wir empfehlen, im Zweifel immer einen Kfz-Sachverständigen zu beauftragen, sich das Fahrzeug anzuschauen. Sollte der Kfz-Sachverständige erkennen, dass es sich um einen Bagatellschaden handelt, so wird er sicherlich auch nur einen Kostenvoranschlag oder aber ein einfaches Kurzgutachten erstellen, sodass kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht besteht.

 

3.16 VOR- UND ALTSCHÄDEN:

Man unterscheidet Vor- und Altschäden wie folgt:

Altschaden

Unter einem Altschaden versteht man eine noch nicht behobene Beschädigung an einem Kraftfahrzeug. Dies können Unfallschäden, Gebrauchsschäden wie Dellen, Beulen, Kratzer oder auch Korrosionsschäden sein. Auch Verschleißschäden sind Altschäden.

Vorschaden

Unter einem Vorschaden versteht man einen reparierten Schaden am Fahrzeug. Hierzu gehören fach- und sachgerecht instand gesetzte Unfallschäden, aber auch provisorisch grob instand gesetzte Unfallschäden. Bei letzteren ist die Angabe, ob nur eine teilweise Instandsetzung oder aber eine nicht fach- und sachgerechte Instandsetzung erfolgte, zwingend erforderlich.

 

3.17 NEUWAGENERSATZ:

Wird ein relativ neuwertiges Fahrzeug in erster Hand (eine Tageszulassung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkauf schadet nicht) im Haftpflichtschaden beschädigt, so hat der Geschädigte, sofern die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt werden, Anspruch auf Neufahrzeugentschädigung.

Nach vorherrschender Rechtssprechung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

⇒ Fahrzeugalter max. 1 Monat

⇒ Laufleistung bis 1.000 km

⇒ Es muss ein erheblicher, in das Fahrzeuggefüge eingreifender Schaden vorliegen.

Anmerkung

Die aufgeführten Eckdaten stellen keine starre Regelung dar, wie dies durch unterschiedliche Gerichtsurteile belegt wurde. Dabei wird das Alter überwiegend als starre Voraussetzung, die Laufleistung jedoch als leicht elastische angesehen.

 

3.18 ERSATZTEILAUFSCHLAG:

Bei einer Vielzahl von Reparaturwerkstätten und Autohäusern wird ein so genannter Ersatzteilaufschlag auf die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers aufgeschlagen.

Dies wird damit begründet, dass eine erhebliche Kapitalbindung in Form von vorrätigen Ersatzteilen in einem Autohaus oder Reparaturbetrieb verzinst werden soll. Bei einigen Marken werden Ersatzteilaufschläge von bis 20 % erhoben. Im Durchschnitt liegen diese Aufschläge bei 10 % bis 15 %. Bei manchen Herstellern ist ein Ersatzteilaufschlag unüblich.

Ob der Ersatzteilaufschlag bei einer fiktiven Abrechnung zu erstatten ist, ist im Einzelfall zu prüfen.

Beispiel

Im Großraum Hamburg wird bei jedem Opel -Vertragshändler ein Ersatzteilaufschlag berechnet. Somit ist es dem Geschädigten nicht möglich, die benötigten Ersatzteile ohne diesen Aufschlag zu beschaffen. Somit ist der Ersatzteilaufschlag auch fiktiv erstattungspflichtig.